Einleitung
Trotz der Unterschiede in ihren Interessen, Studienbereichen und Ansätzen haben alle Psychologen eines gemeinsam: Sie verlassen sich auf wissenschaftliche Methoden. Forschungspsychologen nutzen wissenschaftliche Methoden, um neues Wissen über die Ursachen von Verhalten zu schaffen, während praktizierende Psychologen – wie klinische, Beratungs-, Arbeits- und Schulpsychologen – vorhandene Forschung nutzen, um das Alltagsleben anderer zu verbessern.
Das Problem der Intuition
In gewisser Weise sind alle Menschen Wissenschaftler. Wir alle haben ein Interesse daran, Fragen über unsere Welt zu stellen und zu beantworten. Wir möchten wissen, warum Dinge geschehen, wann und ob sie wahrscheinlich wieder geschehen werden und wie wir sie reproduzieren oder ändern können.
⚠️ Vorsicht vor der Alltagsintuition!
Das Problem mit der Art und Weise, wie Menschen in ihrem Alltag Daten sammeln und interpretieren, ist, dass sie nicht immer besonders gründlich sind. Oft, wenn eine Erklärung für ein Ereignis "richtig" erscheint, übernehmen wir diese Erklärung als Wahrheit, auch wenn andere Erklärungen möglich und potenziell genauer sind.
Beispiel: Augenzeugenberichte
Augenzeugen von Gewaltverbrechen sind oft extrem sicher in ihrer Identifikation der Täter. Aber Forschungen zeigen, dass Augenzeugen nicht weniger sicher in ihren Identifikationen sind, wenn sie falsch liegen, als wenn sie richtig liegen.
Der Rückschaufehler (Hindsight Bias)
Sobald wir über das Ergebnis eines bestimmten Ereignisses erfahren, glauben wir häufig, dass wir das Ergebnis im Voraus hätten vorhersagen können. Dies wird als Rückschaufehler bezeichnet – die Tendenz zu denken, dass wir etwas hätten vorhersagen können, das bereits eingetreten ist, was wir aber wahrscheinlich nicht hätten vorhersagen können.
📚 Forschungsstudie: Unbewusste Markenpräferenz
Fragestellung: Bevorzugen Menschen unbewusst Markennamen, die Buchstaben ihres eigenen Namens enthalten?
Methode:
- Teilnehmer nahmen an einem angeblichen Teegeschmackstest teil
- Teemarken wurden mit den ersten drei Buchstaben der Vornamen der Teilnehmer erstellt (z.B. "Jonoki" für Jonathan)
- Die Teilnehmer sollten zwischen verschiedenen Teesorten wählen
Ergebnisse:
- 64% wählten den Tee mit den Buchstaben ihres eigenen Namens
- Nur 36% wählten den Tee mit den Buchstaben des Partners
- Über 90% dachten, sie hätten nach Geschmack gewählt
- Nur 5% erkannten den wahren Grund ihrer Wahl
Schlussfolgerung: Menschen sind sich oft der wahren Ursachen ihres eigenen Verhaltens nicht bewusst.
Die wissenschaftliche Methode
Alle Wissenschaftler – ob Physiker, Chemiker, Biologen, Soziologen oder Psychologen – verwenden empirische Methoden, um die Themen zu untersuchen, die sie interessieren.
Werte vs. Fakten
Wissenschaftler unterscheiden zwischen Werten und Fakten:
| Persönliche Werte | Wissenschaftliche Fakten |
|---|---|
| „Rauchen sollte verboten werden" | „Rauchen erhöht das Risiko für Krebs und Herzerkrankungen" |
| „Blau ist meine Lieblingsfarbe" | „Mehr als 35% der Studenten geben an, dass Blau ihre Lieblingsfarbe ist" |
| „Waffenbesitz sollte eingeschränkt werden" | „Im Jahr 2009 gab es über 30.000 Todesfälle durch Schusswaffen in den USA" |
| „Es ist wichtig, mit dem Rauchen aufzuhören" | „Rauchen erhöht die Inzidenz von Krebs und Herzerkrankungen" |
Da Werte weder als wahr noch als falsch betrachtet werden können, kann die Wissenschaft sie weder beweisen noch widerlegen. Dennoch kann die Forschung manchmal Fakten liefern, die Menschen helfen können, ihre Werte zu entwickeln.
Erklärungsebenen in der Psychologie
Das Studium der Psychologie erstreckt sich über viele verschiedene Themen auf vielen verschiedenen Erklärungsebenen – den Perspektiven, die verwendet werden, um Verhalten zu verstehen.
Die drei Hauptebenen psychologischer Erklärung
Beispiel: Depression auf verschiedenen Ebenen verstehen
- Biologische Ebene: Untersuchung von Neurotransmittern und Entwicklung von Medikamenten wie Prozac
- Individuelle Ebene: Psychotherapie zur Bewältigung negativer Lebenserfahrungen
- Kulturelle Ebene: Untersuchung von Geschlechts- und Kulturunterschieden in der Prävalenz von Depression
Herausforderungen beim Studium der Psychologie
Das Verstehen und der Versuch, die Kosten psychologischer Störungen zu lindern, ist nicht einfach, da psychologische Erfahrungen extrem komplex sind.
Hauptherausforderungen:
- Individuelle Unterschiede: Menschen variieren und reagieren unterschiedlich in verschiedenen Situationen
- Mehrfache Determination: Fast alles Verhalten wird durch viele Faktoren produziert
- Unbewusste Prozesse: Viel menschliches Verhalten wird durch Faktoren außerhalb unseres bewussten Bewusstseins verursacht
- Überlappende Ursachen: Multiple Ursachen sind nicht unabhängig voneinander
Wichtig zu bedenken:
Seien Sie immer skeptisch gegenüber Menschen, die versuchen, wichtige menschliche Verhaltensweisen wie Gewalt, Kindesmissbrauch, Armut, Angst oder Depression mit einer einzigen Ursache zu erklären. Die Vorhersagen von Psychologen sind nur probabilistisch – wir können Tendenzen vorhersagen, aber nicht das exakte Verhalten einzelner Personen.
🔑 Kernpunkte zum Mitnehmen
- Psychologie ist die wissenschaftliche Untersuchung von Geist und Verhalten
- Alltagsintuition reicht nicht aus, um Verhalten vollständig zu verstehen
- Der Rückschaufehler lässt uns glauben, wir hätten Ereignisse vorhersagen können
- Menschen sind sich oft der Ursachen ihres eigenen Verhaltens nicht bewusst
- Psychologen verwenden die wissenschaftliche Methode zur objektiven Datensammlung
- Psychologische Phänomene sind komplex und werden auf verschiedenen Ebenen erklärt
- Verhalten ist mehrfach determiniert und schwer vorherzusagen
💭 Übungen zum kritischen Denken
- Können Sie sich an eine Zeit erinnern, als Sie Ihre Intuition zur Analyse eines Ergebnisses verwendet haben, nur um später überrascht festzustellen, dass Ihre Erklärung völlig falsch war? Hat diese Überraschung Ihnen geholfen zu verstehen, wie Intuition uns manchmal in die Irre führen kann?
- Beschreiben Sie die wissenschaftliche Methode so, dass jemand, der nichts über Wissenschaft weiß, sie verstehen könnte.
- Denken Sie an ein Verhalten, das Sie für wichtig halten, und überlegen Sie seine möglichen Ursachen auf verschiedenen Erklärungsebenen. Wie würden Psychologen Ihrer Meinung nach dieses Verhalten untersuchen?