Interaktives Lernelement - Forschungsmethoden und Statistik
Basierend auf: Sedlmeier & Renkewitz (2013)
In diesem Modul erkunden wir gemeinsam die hĂ€ufigsten Denkfehler und TĂ€uschungen, denen wir im Alltag unterliegen. Die Alltagspsychologie fĂŒhrt uns oft in die Irre - lernen Sie, diese Fallstricke zu erkennen und zu vermeiden!
Nehmen wir die Welt so wahr, wie sie ist? Das scheint zumindest manchmal nicht der Fall zu sein. Wie sehen Sie die folgenden Linien?
Die MĂŒller-Lyer-TĂ€uschung
Eine gĂ€ngige ErklĂ€rung ist, dass wir bei Abbildungen dieser Art automatisch die Perspektiven-Information berĂŒcksichtigen, die in den Pfeilen an den Enden der waagerechten Striche gegeben wird. Die Perspektiven-Information deutet an, dass es sich beim oberen Strich um den hinteren Rand und beim unteren Strich um den vorderen Rand eines Objekts handeln könnte â der obere Strich mĂŒsste also weiter von uns entfernt sein als der untere.
Unser Wahrnehmungssystem scheint diese angedeutete Entfernungs-Information automatisch mit zu verrechnen.
Sehen Sie das weiĂe Dreieck?
Eine im Alltag verbreitete Vorstellung ist, dass unser GedÀchtnis so Àhnlich funktioniert wie ein Tonband, ein Fotoapparat oder eine Filmkamera: Wenn wir uns erinnern, dann rufen wir aus einer Art Speicher das ab, was wir gesehen, gehört oder gedacht haben.
Das ist, wie man mittlerweile weiĂ, jedoch eher selten der Fall. Meist rufen wir unsere Vergangenheit nicht ab, sondern rekonstruieren sie. Dabei kann unsere Erinnerung in vielfĂ€ltiger Weise beeinflusst werden:
Stellen Sie sich vor: Ein Teilnehmer in einer Studie sollte ein Urteil abgeben (z.B. â2,3" auf einer Skala). SpĂ€ter wurde er gebeten, sich an sein ursprĂŒngliches Urteil zu erinnern. Zwischenzeitlich erfuhr er, dass das tatsĂ€chliche Ergebnis â2,0" war.
Die Informationen, die wir bei der Rekonstruktion von GedĂ€chtnisinhalten benutzen, mĂŒssen nicht immer so klar sein wie etwa die Information, dass das tatsĂ€chliche Ergebnis in der Klausur eine 2,0 war. Manchmal sind Zusatzinformationen auch in der Art und Weise versteckt, wie jemand eine Befragung durchfĂŒhrt.
Beispiel: Vor allem wenn sich die Befragten nicht sicher sind, können subtile Informationen in der Frage den Abruf (und auch die Neukonstruktion) von GedÀchtnisinhalten beeinflussen.
Ist logisches Denken schwierig? Einige Befunde aus der psychologischen Urteilsforschung legen diese Schlussfolgerung nahe. Hier ist ein Beispiel â eine Variante einer bekannten Aufgabe (bekannt unter der Bezeichnung âWason-Aufgabe") zum logischen Denken.
Sie haben vier Karten vor sich. Alle Karten sind auf der einen Seite mit einem Buchstaben und auf der anderen Seite mit einer Zahl beschriftet.
Die Lösungsraten bei Aufgaben dieser Art sind nicht sehr hoch â nur etwa 20% der Befragten kommen auf die richtige Lösung.
Richtig ist: Man muss die Karte mit dem âF" und die mit der â2" umdrehen.
Warum? Wenn auf der anderen Seite der âF"-Karte eine gerade Zahl ist, dann ist die Regel verletzt, genauso wenn auf der anderen Seite der â2"-Karte ein Konsonant steht. Auf der anderen Seite der â1"-Karte kann stehen, was will: Bei einem Konsonanten passt die Regel und bei einem Vokal ist sie nicht anwendbar; deswegen macht es auch nichts, ob auf der RĂŒckseite der âE"-Karte eine gerade oder ungerade Zahl steht.
Wir haben gesehen, dass wir nicht immer sicher sein können, dass sich das, woran wir uns erinnern, auch genauso ereignet hat. Noch schlimmer steht es mit Vorhersagen: Bei genauerer Betrachtung mĂŒssen wir feststellen, dass wir kaum etwas mit absoluter Sicherheit vorhersagen können.
Oft hilft es aber, zumindest ĂŒber die Wahrscheinlichkeit, mit der ein bestimmtes Ereignis eintritt, gut Bescheid zu wissen. Wie gut sind wir im Umgang mit solchen Wahrscheinlichkeiten? Unter bestimmten Bedingungen scheinen wir auch dabei recht fehleranfĂ€llig zu sein.
Ein SchĂŒler hat im Abschlusszeugnis in Mathematik die Note Vier erzielt.
Die hÀufigste Antwort ist, dass beide Ereignisse gleich wahrscheinlich sind (Antwort c), obwohl tatsÀchlich die zweite Aussage (eine promovierte Frau ist Hausfrau) die wahrscheinlichste ist.
Warum? Die Lösungen finden Sie in Kapitel 10, in dem wir uns ausgiebig mit Wahrscheinlichkeiten befassen. Festzuhalten bleibt, dass es im Alltag nicht immer einfach ist, Wahrscheinlichkeiten richtig einzuschÀtzen: ein weiteres Argument dagegen, auf alltagspsychologische Theorien zu sehr zu vertrauen.